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Hegemoniekritik versus Hegemonieselbstkritik. Dilemmata von politischen Feminismen
Politische und akademische Feminismen der westlichen Hemisphäre sehen sich irritierenden Gleichzeitigkeiten gegenüber. Einerseits sind ‚Erfolge‘ in Geschlechtergerechtigkeit unbestreitbar. Andererseits sammeln sich antifeministische Fronten gegen alles, was mit dem Wort Gender zusammenhängt. Einerseits begann man Europa zu provinzialisieren und ein Bewusstsein strukturellen Rassismus zu entwickeln. Andererseits wurden zu Recht uneingestandene weiße Privilegien kritisiert. Einerseits halfen Zauberworte wie Intersektionalität, Dekolonialität, Black Lifes Matter und Hegemonieselbstkritik, dem Wunsch nach Verbündung/Verbindung entgegen zu kommen. Andererseits können sie die Schärfen und Hierarchien unterschiedlicher Diskriminierungserfahrungen nicht aus der Welt schaffen. Das macht eine stetige Hegemoniekritik an politischen Gegnerinnen und Freundinnen erforderlich.
Dem Konferenztitel „Apart – Together – Becoming with“ liegt ein zweifacher Wunsch zugrunde: Einerseits soll nach Knotenpunkten gesucht werden, Kämpfe gegen Sexismus, Rassismus, Klassismus und Homo- und Transphobie nicht in stetig zerbrechende Einheitsfronten zu überführen, sondern sie immer wieder punktuell und aufs Neue zu verknüpfen je nach Fragestellung und Konfliktfeld. Und andererseits sollen Bühnen erkundet werden, die geeignet sind, Unterschiedlichkeiten zu zelebrieren, Allianzmöglichkeiten zu suchen und sich immer wieder neu zu denken und zu entwickeln. Bewegungen wie die Frauenbewegung, aus der die verschiedenen Feminismen entstanden sind, haben nur dann eine politische Zukunft, wenn sie in Bewegung bleiben, und nicht zu einer Klientelpolitik einer Betroffenengruppe erstarren.
Gabriele Dietze ist travelling scholar. Sie lehrt und forscht zu Gender, Race, Media, Sexualpolitik und zur Rechtspopulismus in der HU Berlin und am Dartmouth College N.H.. Aktuell ist sie Fellow der Volkswagenstiftung mit dem Corona-Projekt »Quarantine Culture« und regelmäßige Beiträgerin des Gender-Blogs der Zeitschrift für Medienwissenschaft.
Response: Gundula Ludwig